Beiträge aus dem "Hochland Kurier"

125-jährige Luther-Eiche in Pappritz

Noch bevor das Jahr 2008 zu Ende geht, soll an ein kleines Baum-Jubiläum in Pappritz erinnert werden. Vor genau 125 Jahren wurde im Jahr der Wiederkehr des 400. Geburtstages Martin Luthers zur Einweihung der neuen Schule eine Eiche gepflanzt - unsere heutige Luthereiche.

Neben einigen Lutherlinden und Lutherbuchen dominieren in unseren Landen vorwiegend jedoch die Luthereichen, die im Gedenken an Martin Luther gepflanzt wurden und an sein Wirken erinnern sollen. Für die Pflanzung der Luthereichen wurden in unserer Gegend meist die Stieleichen, auch Deutsche Eiche oder Sommereiche genannt, verwendet. Die Stieleichen können eine lange Lebensdauer von mehreren hundert Jahren, eine Höhe bis zu 40 Meter und einen Stammdurchmesser bis zu 3 Meter erreichen. Dank ihrer Pfahlwurzeln sind die Stieleichen besonders sturmfest. Doch wie kam Pappritz zu der Luthereiche?

Dafür ist zunächst zu erforschen wie Pappritz zur Schule kam, anlässlich deren Einweihung auch der Baum gepflanzt wurde.


Gedicht zum Schulhausbaujubiläum 1933
Die Anfänge des Schulunterrichtes gehen in Sachsen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Die älteste Form der Dorfschule war die Küsterschule, später als Kirchenschule bezeichnet. Sie entstand dort, wo es auch Küster gab - also nur in den Pfarrdörfern und sie waren die Schulen für das jeweilige gesamte Kirchspiel. Für die Pappritzer war es die Schule in Weißig. Einen Schulzwang gab es zwar nicht, jedoch sollten sich die Eltern moralisch verpflichtet fühlen, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Diesem entgegen standen die zu erledigenden Arbeiten auf dem bäuerlichen Hof sowie der für Kinder doch recht beschwerliche Weg von einer Stunde auch bei Wind, Regen und Schneesturm bis nach Weißig.Vom Schulbesuch wurde folglich nur mäßig Gebrauch gemacht. 1805 trat der Schulzwang in Kraft. Eltern drohten nun Sanktionen bei mehrfachen Fernbleiben der Kinder vom Unterricht bis hin zu 6-tägigen Gefängnisstrafen. Erhebungen 10 Jahre nach Einführung der Schulpflicht brachten zutage, dass trotzdem noch etwa ein Drittel der schulpflichtigen Kinder ohne Schulbesuch aufwuchsen. Durch die widrigen Umstände für einen Schulbesuch in Weißig hatten der Pappritzer Kinder massive Schulversäumnisse. Der Gemeindevorstand zu Pappritz sah Veranlassung, unbedingt durch Errichtung eines eigenen Schulhauses Abhilfe zu schaffen. So entstand 1833 der erste Schulbau in Pappritz, der aufgrund der Anzahl der zu unterrichtenden Kinder alsbald zu klein war. Ein Umbau des vorhandenen Schulhauses wäre den Anforderungen nicht gerecht geworden und die Gemeinde gegenüber einem Schulneubau zudem teurer gekommen. So entstand 1883 auf einer durch die Gemeinde vom angrenzenden Hof (Bünger) erworbenen Teilfläche das neue Schulhaus. Die Fertigstellungsanzeige erfolgte am 03.09.1883, die Übernahme und Einweihung reichlich 3 Wochen später, nämlich am 27.09.1883.
Die Eiche

Verbunden dir schon 50 Jahr,
komm ich zum Gratulieren her.
Ich stell' die Luthereiche dar,
die man einst Pflanzt' zu Luthers Ehr'

Ich wuchs und wurde stark und groß
Nach deutscher Eichen Art.
Weit überrage ich dein Dachgeschoss.
Die Amseln wiegen sich im Wipfel zart.

Die Stare nisten im Geäst.
Die Kinder spielen Ringelreihn.
Der Wintersturm rauscht schwer von West.
Der Frühling singt dir süße Melodein.

Genau zu dieser Einweihung des neuen Pappritzer Schulhauses wurde die nunmehr 125 Jahre alte Stieleiche zu Ehren Martin Luthers auf dem damaligen Schulhof gepflanzt. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der neuen Schule widmeten die Schulkinder der Luthereiche im Rahmen eines Festspieles ein Gedicht. In noch jungen Jahren nach erst reichlich 100 Jahren Standzeit "kränkelte" unsere Luthereiche. Was war passiert. Es war keineswegs eine Krankheit, die der Eiche zu schaffen machte - es waren die Menschen! Auch wenn es Eichen möglich ist, stark verdichtete Böden zu erschließen, um tiefliegendes Grundwasser zu erreichen, war mit der zunehmenden Bodenversiegelung ein Zustand erreicht, der den Lebenserhalt der Eiche akut gefährdete. Baute man zur Betreibung der neuen Schule auf dem Schulhof zunächst nur unbedeutende kleinere Nebengebäude, wie Toilettenanlage und Schuppen, wurde die Eiche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert förmlich um- bzw. zugebaut, was mit der Errichtung des Anbaus am Schulgebäude und dem Befestigen der ehemaligen Schulhoffläche fast den Todesstoß für die Eiche bedeutete. Dem Baum blieb somit nicht nur förmlich die Luft, sondern auch das Wasser weg. In allerletzter Not wurde ab 1990 versucht, den Baum zu retten. Dem Rückbau der Baulichkeiten folgten eine zumindest teilweise Entsieglung der Betonflächen und eine mehrfache Belüftung sowie ein Rückschnitt des Baumes. Dadurch konnte zumindest die Lebensdauer der Eiche für das Erste bis heute um weitere 20 Jahre verlängert werden. Zu hoffen bleibt, dass trotz der früheren schweren Belastungen der Baum zukünftig ein eichenübliches Alter erreichen wird.

Im Lutherjahr 1883 wurden übrigens zu verschiedenen Anlässen in evangelisch-lutherischen Orten mehrere Luthereichen gepflanzt. Sie stehen meist an zentral gelegenen Plätzen oder auf Freiflächen vor Kirchen. Sie machen heute einen Großteil der Luthereichen insgesamt, die zu verschiedenen Anlässen gepflanzt wurden, aus. Allerdings dürfte die Luthereiche in der Lutherstadt Wittenberg wohl eine der Bekanntesten von allen sein. Am 10. Dezember 1520 übergab Dr. Martin Luther vor dem Elstertor in Wittenberg die päpstliche Bannandrohungsbulle - die Androhung einer Exkommunikation - dem Feuer. Nach der öffentlichen Verbrennung der Bannandrohungsbulle durch Luther war dann die Verhängung des Kirchenbanns vom 3. Januar 1521 lediglich eine Rechtsfolge. Der Überlieferung nach wurde schon am Tage nach der Verbrennung an dieser Stelle eine Eiche gepflanzt. Die jetzt dort stehende Eiche stammt aus dem Jahre 1830, dem Jahrestag der Augsburger Konfession. Standorte weiterer Luthereichen innerhalb Sachsens befinden sich u.a. in Dresden-Strehlen, Dresden-Luga, Reichstädt bei Dippoldiswalde, in Hainichen, Königsbrück, in Stelzendorf und Einsiedel bei Chemnitz und in Zwickau.

 

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geändert am___ 13-Mär-2009 ____von Jens Mizera