Beiträge aus dem "Hochland Kurier"

Investoren stehen nicht mehr Schlange, ...

... zumindest wenn es um weniger lukrative jedoch sehr kosten- und zeitintensive Sanierungen kleinerer, wertvoller, geschichtsträchtiger Kulturdenkmale geht. So zum Beispiel beim "Forsthaus Helfenberg (Weinpresse)" - so lautet die offizielle Bezeichnung in der Denkmalbegründung zum ortsüblich eher als "Alte Försterei" bekannten Objekt oberhalb des früheren Rockauer Weinberges in der Kucksche.

Die Errichtung des Vorgängerbaues vom heutigen Forsthaus, ein Presshaus (Winzer- bzw. Kelterhaus) mit Weinpresse geht auf die Zeit der Einführung des Obst- und Weinbaues im 17. Jahrhundert durch die damaligen Besitzer vom Gut Helfenberg (Adelsgeschlecht der Dehn-Rotfelser) an den Hängen entlang des Elbtals zurück. Mit dem Erwerb des Rittergutes durch König Albert von Sachsen ging auch das Presshaus in den königlichen Besitz über. Mit dem Niedergang des Weinanbaus am Elbhang aus wirtschaftlichen Gründen sowie auch infolge der unaufhaltsamen Ausbreitung der Reblaus gegen Ende des 19. Jahrhundert veranlasste der König Albert von Sachsen den Umbau der Weinpresse. König Albert von Sachsen lies nun die Fläche um die Weinpresse mit königlichen Wald aufforsten. Der Gebäudekomplex sollte fortan den königlichen Jagdausflügen dienen. Die Veränderungen betrafen insbesondere das Innere des Presshauses mit einer Aufstockung sowie den Anbau eines Jagdsaales zum Jagdhaus. Die Erdgeschossräume dienten seitdem zuweilen als Nachtquartier des Kronprinzen und späteren König Friedrich August II., der hin und wieder mit seinem Leibwächter in diesem Gebiet auf die Pirsch ging. Das bisherige Winzerhaus wurde von nun an als Forsthaus genutzt. Der Jagdsaal verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine einheitliche Ausstattung, die hölzerne Wandverkleidungen, Treppengeländer und Fensterrahmen umfasste. Die Fensterrahmen waren von geschnitzten Wildköpfen belebt. Das auf das alte Presshaus aufgestockte Zimmer war vom Jagdsaal aus über eine Treppe und der sich im Jagdsaal befindlichen Empore erreichbar. Der Saalraum war von einem brettbeschlagenen Tonnengewölbe mit dekorativer Malerei in Grün auf weißem Grund überfangen. Auch befand sich ein Kamin im Jagdsaal.

Trotz jahrzehntelang vernachlässigter Werterhaltungsmaßnahmen befand sich der Gebäudekomplex noch in den sechziger Jahren in einem tadellosen, gepflegten Zustand. Der Jagdsaal befand sich in originalem Zustand, einschließlich des Mobiliars. Bis zu diesem Zeitpunkt bewohnte die Witwe des letzten Försters das Forsthaus und hegte das Anwesen. Bis zum (sicher nicht beabsichtigten) Einleiten eines dramatischen Verfalls des historisch wertvollen Objektes zu Anfang der 90er Jahre wurde die alte Försterei als Wohnung und für Atelierzwecke genutzt. Leider ist von der Herrlichkeit der damaligen Ausstattung der Räume bis hin zum Gemäuer nicht mehr viel übrig geblieben.

Den Rockauern und natürlich auch den zahlreich durch diese Gegend ziehenden Wanderern und Spaziergängern ist nicht entgangen, dass sich glücklicherweise wieder etwas am Forsthaus Helfenberg tut.
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Nach Verkauf des Objektes durch die ehemalige Gemeinde Rockau an einen vielversprechenden Investor mit fester denkmalpflegerischer Zielstellung und Investitionsverpflichtung war unbeabsichtigt das Schicksal des alten Forsthaus quasi besiegelt. Leider! Der Verkauf stellte sich erst im Nachhinein als nicht so sehr glücklich heraus.

Nach jahrelangen Querelen hat der damalige Käufer das Objekt nunmehr im vergangenem Jahr weiterverkauft. Das mit den Jahren des Dahinsiechens der Investitionsbedarf erheblich gestiegen ist, lässt sich an den heute verbliebenen Überresten des einstigen intakten Bauwerkes unschwer erkennen. Für die Instandsetzung des Turmhauses und den denkmalgerechten Wiederaufbau des Jagdsaales bedarf es eines Investors, der wirtschaftliche Belange völlig außen vor lässt und ausschließlich aus Leidenschaft handelt.

Bild vergrössern Wie schwer die Umsetzung eines solchen Vorhabens, die Rettung des historischen Gebäudes und den Erhalt des historischen Gebäudes als oberste Zielsetzung, ist, verdeutlicht schon allein die Tatsache, dass schon allein die Erlangung einer Genehmigung für die Notsicherung und den Wiederaufbau des Turmes 14 Monate "Behördenkampf" in Anspruch genommen hat. Es bedarf also nicht nur erforderliche finanzielle Mittel, sondern vor allem auch einer Ausdauer und langen Weges, bis die alte Försterei letztendlich im früheren Glanz wieder erstrahlen kann.

Eine besondere Herausforderung besteht in diesem Zusammenhang darin, neben der denkmalgerechten Sanierung eine sinnvolle Nutzung in das Objekt zu integrieren. Die "Investoren" beabsichtigen eine Wohnnutzung in Turm und Jagdsaals für eigene Bedürfnisse einzuordnen. Der Jagdsaal soll künftig unter Beibehaltung der beidseitigen Empore und des Treppenhauses zum oberen Turmzimmer als Wohnzimmer genutzt werden. Im Erdgeschoss des Turmbaus sollen Küche und Esszimmer, im Obergeschoss Bad und Schlafzimmer eingeordnet werden. Auf der Nordseite des Jagdsaal soll ein 3 Meter breiter Anbau entstehen, der sich entsprechend Forderung des Amtes für Kultur und Denkmalschutz in moderner Form deutlich vom ehemaligen Gebäudebestand abheben soll und den neuen Zugangsbereich des Wohngebäudes mit Anordnung einer Wendeltreppe zur Erreichung des im Obergeschoss befindlichen Kinderzimmers darstellt. Im Nordwestlichen Grundstücksteil - unmittelbar angrenzend an die Baugrube des alten Winzer- bzw. Forsthauses ist die Errichtung eines Carports mit begrünten Flachdach vorgesehen. Die Wiedererrichtung des zuletzt als Forsthaus genutzten ehemaligen Winzerhauses selbst wird als Option offengehalten.
Jagdsaal mit Zugang Turmbau, Empore und bretterverkleideten, bemalten Tonnengewölbe - Zustand 2001Quelle: Amt für Kultur und Denkmalschutz

Im Zuge des vorangegangenen Leerstandes des Objektes, aber auch bereits in der Vorwendezeit wurden wertvolle Teile aus dem Jagdsaal und Turmbau sowohl durch ortsansässige als auch fremde Bürger entfernt. Der Baukörper wurde somit sukzessive ausgehöhlt. Neben den reich verzierten, geschnitzten Holzelementen wurde permanent alles - auch was niet- und nagelfest war - aus verschiedenartigen Gründen abtransportiert. Sei es, um Teile bis zu einem Wiedereinbau zu sichern und zwischen zu lagern oder ganz einfach als persönliches Hab und Gut aufzubewahren. Das betrifft neben den Wildköpfen und Geweihen das Treppengeländer, die Holzverkleidungen und die bemalten Deckenkassetten bis hin zu den Teilen des Kamins und der Kachelöfen. Die Bauherren möchten die Wiederherstellung des Objektes entsprechend der Forderungen der Denkmalpflege nicht nur außen, sondern weitestgehend auch innen vornehmen. Dazu wäre die Beschaffung der vorgenannten Teile sehr hilfreich. Es wäre auch ein Signal gegenüber der Bauherren, die sich dieses Objektes angenommen und der Aufgabe zur Sicherung des Alten Forsthauses gestellt haben, was mit Sicherheit auch mit den überwiegenden Interessen der Rockauer Bürger übereinstimmt. Ich möchte deshalb alle Bürger bitten, die über den Verbleib der Ausstattungsgegenstände Hinweise geben können oder gar selbst solche in ihrem Besitz haben, mit der Verwaltungsstelle Kontakt aufzunehmen. Eine Vertraulichkeit ist zugesichert.

 

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geändert am___ 13-Mär-2009 ____von Jens Mizera